Pilgern

Definition
Das Wort "pilgern" geht zurück auf das lateinische "pergere /per agere". Übersetzt bedeutet dies "jenseits des Ackers" oder " in der Fremde". Im Unterschied zur Wallfahrt, bezeichnet die Pilgerschaft meist eine längere, religiös motivierte Reise. Bei diesem Begriff denken wir an die Tradition der oft jahrelangen Reisen in das Heilige Land, nach Rom oder nach Santiago de Compostela.
Wallfahrt und Pilgerfahrt sind untrennbar verbunden mit dem Glauben, dem Göttlichen oder dem Heil an einem bestimmten Ort näher zu sein. Dem Weg oder dem Unterwegssein kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.

Zur Geschichte
Alle Religionen kennen Wallfahrten und Christen lesen schon bei Jesaja 30,29, wie das Volk Gottes dreimal im Jahr hinauf nach Jerusalem ging, um an den großen religiösen Festen teilzunehmen. Zur Vorbereitung sangen und beteten sie geistliche Lieder, fromme Gebete.
Selbst vorchristliche Formen der Wallfahrt sind aus Ägypten bekannt; hier eng verbunden mit Opfergaben an die Götter bei Tempelweihen. In Mitteleuropa und vom Mittelalter bis zum Barock ist Pilgern in erster Linie Ausdruck römisch - katholischer Frömmigkeit. Erst im 20. Jahrhundert mischen sich auch evangelische Christen unter die Pilger und Wallfahrer. Frauen und Männer, Alte und Junge, Kranke und Gesunde pilgern zu Orten, die Christen heilig sind, zu den Stätten, wo Jesus gelitten hat, Apostel und Martyrer begraben sind oder wo die Gottesmutter oder Engel sich gezeigt haben.
Dabei sollte für einen solchen langen Weg bedacht sein:

Aus der Praxis für die Praxis - Die wichtigsten Fragen vor dem Pilgern

Ohne eine umfassende Vorbereitung wird der Weg zu einem planlosen Laufen mit vielen unerfreulichen Überraschungen oder - bei aller Hoffnung auf Gottes Beistand - zu einem gedankenlosen, blinden Gottvertrauen.
Die W-Fragen für jedes Leben werden so - leicht umgewandelt zu den wichtigsten Fragen vor dem Pilgern:

Egal, ob man sich auf einen kurzen oder einen langen Pilgerweg macht, diese ehrlichen Fragen an sich selbst, helfen sich bewusst und vorbereitet auf die Reise zu machen und diese auch mit Gewinn durchzustehen.

Wohin gehe ich?
Das Ziel meines Pilgerweges sollte mich reizen, erfreuen, anlocken - nur so bleibt auch auf einem langen schwierigen Weg die Lust zum Weitergehen.

Warum gehe ich? Woher komme ich?
Was treibt mich zu diesem Vorhaben? Ist dies nur eine Laune? Oder will ich gar meine Langeweile vertreiben?
Ein Pilgerweg im ursprünglichen Sinne, ist die Suche nach einer religiösen Erfahrung mit Gott. Wenn ich dies anstrebe, dient das Pilgern nicht der eigenen Erbauung und ist weit mehr als ein Selbsterfahrungstrip.
Wer sich auf Neues einlassen kann, Unbekanntes erleben möchte und dabei um Gottes Begleitung bittet, der ist gerüstet.

Wie gehe ich?
Eins vorab: Wochenlange Planungen, Telefonate, Einkauf von Karten und Büchern, Prüfung von Rucksäcken, Schuhen, Kompass usw. sind unabdingbar und zunächst unterscheiden sich diese Planungen auch nicht von üblichen Reisevorbereitungen.
Wer den Kopf frei haben möchte, macht Unterkünfte in täglich, erreichbaren Entfernungen schon vorab fest und sammelt Informationen über Landschaften und Orte, die auf dem Wege liegen.
Umwege für bedeutende Ziele und Sehenswürdigkeiten, bringen nicht vom Weg ab. Im Gegenteil: Manchmal ist der Umweg der gerade Weg zur Freude.

Wer geht mit?
Der echte Pilgerweg ist eine Gemeinschaftserfahrung, d.h. man sollte nicht allein gehen.
Dieses Miteinander hilft Überraschungen anzunehmen, Schwierigkeiten zu überwinden und sich immer wieder zu motivieren. Erst aus diesem Miteinander ergeben sich Geschichten und werden Erfahrungen.
Die Freundschaft untereinander, auch die Beziehung zwischen Eheleuten, kann und wird mit jedem Schritt wachsen.

Was brauche ich auf dem Weg?
Gute und passende Schuhe, Hose, Strümpfe, Anorak, Hemd, Pullover
Wasserflasche, Rucksack, Stock und Hut - bis hier alles selbstverständlich.
Für diesen besonderen Weg braucht es mehr:

  • Ziel und Motivation (notwendig)
  • Neugier auf Unbekanntes (empfehlenswert)
  • Freunde und Freude (unverzichtbar)
  • Vertrauen und Verzicht, Bereitschaft zur Mühe (unbedingt bewusst)
  • Gottvertrauen und offene Augen (lebensnotwendig)

Die Gedanken und Gebete zum Thema Pilgern stammen von Pfarrer Klaus F. W. Steinweg, Mitglied im Verein Pilgern bewegt.
Zur Person: geboren 1944, verheiratet, sieben erwachsene Kinder, nach dem Studium der Ev. Theologie in Heidelberg bis zur Pensionierung evangelischer Gemeindepfarrer in Oldenburg und Westfalen. Mit der Gründung der evangelischen Kurseelsorge in Bad Zwischenahn 1973 beschäftigte er sich bereits mit Pilgerreisen. Aus seiner Gemeindearbeit entstanden verschiedene Handreichungen für die Gemeindearbeit. Nach der Pensionierung erfüllte Klaus Steinweg sich einen Lebenstraum: Der Rom-Kenner pilgerte in seine Lieblingsstadt und beschrieb seine Erlebnisse in "Pilgerweg - auf neuen Wegen von Westfalen nach Rom" (siehe Literaturtipps)